Eine Gruppe sammelt sich auf und vor einer schlichten Treppe. Die gezeigten Personen scheinen zum Teil etwas verloren oder lächeln unsicher in die Kamera. Dass diese wenig inszenierte und unbeholfen wirkende Aufnahme internationales politisches Spitzenpersonal, unter anderem den französischen Regierungschef Aristide Briand und den britischen Außenminister Austen Chamberlain, bei einem hochgradig bedeutsamen Ereignis zeigt, mag angesichts heutiger Sehgewohnheiten überraschen.
Die Aufnahme entstammt einem britischen Wochenschaufilm vom 03.12.1925, welcher sich der Unterzeichnung der Locarno-Verträge widmet. Durch seine ungewohnte Inszenierung lädt die Quelle zur Reflexion über die Wirkung verschiedener Medien im politischen Geschehen und damit zusammenhängende Inszenierungsformen und Routinen ein. Darüber hinaus ist auch der im Beitrag enthaltende "weit reichende Interpretationsanspruch", welcher unter anderem durch die Einblendung von Zitaten deutlich wird[1], lohnenswert für die Auswertung im Geschichtsunterricht. Schließlich warb der Filmbeitrag "bei einem Millionenpublikum für die britische Politik der kollektiven Sicherheit und Verständigung mit dem einstigen Kriegsgegner Deutschland".[2]
Darüber hinaus möchten wir in diesem Zusammenhang auch auf das gerade erschienene Quellendossier „Die Locarno-Verträge in der Kontroverse - Reden und Reichstagsprotokolle aus dem November 1925“ verweisen, welches einschlägige Positionen und Reaktionen von Politikern verschiedener Fraktionen in den Reichstagsdebatten aus dem November 1925 sammelt, aufarbeitet und kontextualisiert.
[1] Peter Geiss, »Internationale Politik in bewegten Bildern – britische Wochenschaufilme der Zwischenkriegszeit als Quellen«, in: Peter Hoeres/Anuschka Tischer (Hg.), Medien in den Außenbeziehungen von der Antike bis zur Gegenwart, Köln/Wien 2017, S. 257-282, hier S. 271.
[2] Ebd.