13. März 2023

Call for Papers: "Transnationale Gemeinschaften und neue Soziabilitäten / Sociétés transnationales et sociabilités nouvelles" Call for Papers: "Transnationale Gemeinschaften und neue Soziabilitäten"

Vue panoramique de l'exposition universelle de 1900
Vue panoramique de l'exposition universelle de 1900 © Lucien Baylac; Library of Congress Prints and Photographs Division Washington, D.C. 20540 USA
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Die Abteilung für Osteuropäische Geschichte in Bonn veranstaltet mit internationalen Partnern den Workshop "Transnationale Gemeinschaften und neue Soziabilitäten / Sociétés transnationales et sociabilités nouvelles" welcher vom 05.07.2023  bis zum 07.07.2023 in Paris am Campus Condorcet stattfinden wird, werden Beiträge & Forschungsprojekte gesucht:

Dieser Workshop hat zum Ziel, die Erfahrungen von informellen Netzwerken, Praktiken der Mobilität und des transnationalen Austausches zu untersuchen. Er geht dabei von den Praktiken der Esperantobewegung und deren Formen der Soziabilität und Interaktion aus, lädt jedoch Teilnehmer:innen ein, die zu anderen Organisationen, Gesellschaften, und Netzwerke forschen.


Transnationale Gemeinschaften und neue Soziabilitäten / Sociétés transnationales et sociabilités nouvelles

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nahmen internationale Kontakte und Beziehungen rasant zu. Während nationale Forderungen durch die Verbreitung von Nationalstaaten verstärkt wurden, kam es auf globaler Ebene zu neuen Formen und Praktiken inter- und transnationaler Koordination. Hierzu gehörten eine Anzahl zwischenstaatlicher, aber auch nicht-staatlicher Organisationen, die diesen Austausch regelten. Unter den Eliten dominierten Sprachen, was die Entwicklung einer inter- und transnationalen Geselligkeit begünstigte, aber teils auch hemmte. Vor allem in gelehrten und philanthropischen Gesellschaften kam dies zum Ausdruck. Zu nennen sind auch die Erste Internationale (1864) oder die Internationale Handelskammer (1919), die diese Art der assoziativen Globalität widerspiegeln, in denen nationale Akteure zusammenfanden. Strukturen, die darauf abzielten die Welt zu modernisieren und zu standardisieren, gingen am Ende immer auf die Nation zurück als Einheit, unabhängig davon, ob es sich um Staaten handelte oder eher um politische oder wirtschaftliche Organisationen.

Gleichzeitig aber lässt sich um 1900 die Entstehung zahlreicher Bewegungen beobachten, die aus bürgerlichen oder militanten Milieus entstanden, die einen anderen Weg einschlugen, um die Beziehungen zwischen Völkern unterschiedlicher Sprachen und Nationalitäten zu ordnen und zu koordinieren. Sie gingen nicht von der „Einheit der Nation“ aus. Sie hatten nicht eine politisch nationale Transformation als unmittelbares Ziel, sondern den direkten Austausch von Bürgern, welche dieselbe Vision von der Welt teilten. Diese Bewegungen basierten nicht auf der Nation als Grund- oder Basisstruktur, sondern sie entwickelten neue Praktiken und Arenen eines kollektiven, transnationalen Handelns. Nicht selten entstanden diese Bewegungen von den „Rändern“ der Gesellschaft her, u. a. von Minderheiten. Diese Art von Bewegungen sind bislang weitgehend von der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung übersehen worden.

Die Esperantobewegung schuf im frühen 20. Jahrhundert eigene Formen der Mobilität und des Austausches auf nicht-territorialer Ebene. Diese neuen Formen der Soziabilität beruhten in der Regel auf weichen und geographisch weit entfernten (aber auch lokal nahen und festen) Netzwerken. Grundsätzlich war die Bewegung dezentral organisiert und beruhte organisatorisch auf Korrespondenz, Reisen, Begegnungen und Kontakten. In gewisser Weise waren Esperantisten somit eine Art „Amateurethnographen“.

Die Organisationsstrukturen luden die Aktivisten ein, sich aus ihrem Heimatort, der Heimatgemeinde, oder auch der Nation zu lösen, um mit der Esperantobewegung in direktem Kontakt zu sein, vor allem auf regionalen Treffen und internationalen Kongressen. Die Bewegung beruhte somit auf Bewegung, vor allem den Reisen zu Kongressen. Den gewählten Kongressorten und -städten wohnte somit eine starke symbolische Kraft inne, sie waren eine Art Symbolraum, in dem sich die Esperantobewegung ständig neu und weiter konstituierte. Weit über touristische und finanzielle Aspekte hinaus entwickelten sich aus den jährlichen Kongressen (ab 1905) neue Sozialformen, u.a. mit der seit 1974 weltweit etablierten Form des couch surfing, die es über einen Esperantopass (Pasporta Servo) erlaubt, freie Unterkunft und Logis bei anderen Esperantisten zu finden.

Dieser Workshop hat zum Ziel, die Erfahrungen von informellen Netzwerken, Praktiken der Mobilität und des transnationalen Austausches zu untersuchen. Er geht dabei von den Praktiken der Esperantobewegung und deren Formen der Soziabilität und Interaktion aus, lädt jedoch Teilnehmer:innen ein, die zu anderen Organisationen, Gesellschaften, und Netzwerke forschen.

Bewerbungs- und Organisationsmodalitäten

Der Workshop richtet sich an Masterstudierende, Doktoranden, und PostDocs und wird von der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH/UFA) gefördert. Die Arbeitssprachen (ohne Übersetzung) sind: Deutsch, Französisch, Englisch und Esperanto.
Akzeptiert werden verschiedene Formate in Form von kurzen Berichten über laufende Master-/Doktorarbeiten, Beiträge zu Forschungsprojekten oder auch längere Referate.

Bitte reichen Sie Ihre Unterlagen (max. 200 Worte Abstract, max. 2 Seiten Lebenslauf) bis zum 14. April 2023 bei Pascal Dubourg Glatigny ein.
Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an: pascal.dubourg@cnrs.fr

pascal.dubourg@cnrs.fr

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