Englische Gesandte an den Reichstagen des 16. Jahrhunderts (1541-1603)

 Jonas Bechtold M.A.

Die Dissertation untersucht den Reichstag im 16. Jahrhundert in seiner Eigenschaft als diplomatisches Forum am Beispiel der dort anwesenden englischen Gesandten. Im Zentrum steht deren Wirken in Repräsentation, Vernetzung, Verhandlung und Informationsvermittlung am Reichstag. Dessen rechtlichen, sozio-kulturellen und kommunikativen Besonderheiten stellten für die Gesandten Herausforderungen dar, die auch die englischen Außenbeziehungen zum Heiligen Römischen Reich prägten. Zugleich eröffneten sich den auswärtigen Gesandten an Reichstagen Möglichkeiten, die ihre ad hoc-Diplomatie im Reich ergänzten. Teil der Studie ist dabei auch das Bild des Reichstags im englischen „information state“, wie es sich im 16. Jahrhunderte durch Gesandte, Reisende, Informanten und fest installierte Agenten im Reich (wie Christopher Mundt) entwickelte.

Der Zeitraum der Untersuchung setzt mit der Entsendung Stephen Gardiners, des Bischofs von Winchester, durch Heinrichs VIII. an den Reichstag 1541 in Regensburg ein und schließt mit der dynastischen und diplomatiegeschichtlichen Zäsur von 1603 mit dem Tod Elisabeths I. Für diese Zeitspanne werden Brüche und Kontinuitäten der englischen Reichstagsdiplomatie untersucht und in Zusammenhang mit der Entwicklung der Institution gestellt.

Methodisch greift das Vorhaben den akteurs- und handlungsorientierten Ansatz der jüngeren Geschichtsschreibung zu Außenbeziehungen und Diplomatie auf und differenziert sie am Beispiel der englischen Gesandten an den Reichstagen. Dabei zeigt sich die frühneuzeitliche – avant la lettre – Diplomatie in ihrer interkulturellen, dezentralen und polyglotten Ausprägung von Akteuren unterschiedlicher kultureller Herkünfte und Bindungen sowie sozialer Rollen und Interessen. Die Verortung am multilateralen Forum Reichstag mit seinen spezifischen Bedingungen für diplomatisches Handeln verspricht Ergebnisse, die sich sowohl in die Reichstagsgeschichte als auch in der Differenzierung frühneuzeitlicher Diplomatiegeschichte einordnen.
Die Bearbeitung erfolgt anhand englischer (The National Archives, British Library u.a.) und reichsständischer Überlieferungen sowie durch Quellen aus dem Reichstagsumfeld (Druckwerke).

Publikationen zum Projekt:

  • Diets as a Sphere of Diplomatic Interaction, in: Goetze, Dorothée/Oetzel, Lena (Hrsg.): Early Modern European Diplomacy. A Handbook, Berlin/Boston 2024, S. 483-505 (mit Guido Braun).
  • The Emperor’s Diet or the Empire’s Reichstag? Sixteenth-Century English Wordplay on the ‘Diet’ and its Heuristic Use, in: German Historical Institute London Blog. Research Crossing Boundaries: British – Global – German History, hrsg. v. DHI London, Februar 2023, URL: https://ghil.hypotheses.org/1325.
  • Divergierende Formalitätszuschreibungen und die Skalierbarkeit (in)formeller Akteure der Diplomatie. Christopher Mundt als englischer Gesandter am Reichstag 1566, in: Lobenwein, Elisabeth/Ortlieb, Eva (Hrsg.): Informalität in der Frühen Neuzeit: Diplomatie und Reichsinstitutionen (Themenheft Frühneuzeit-Info), Wien 2022, S. 17–31.
  • Challenges of Early Modern Diplomacy: Elizabethan Envoys to German Imperial Diets, in: Theatrum historiae 29 (2021), S. 7–24, DOI: https://doi.org/10.46585/th.2022.29.01 .

Kontakt: jonas.bechtold[at]uni-bonn.de
Betreuer: Prof. Dr. Michael Rohrschneider

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