'Kleine' und 'Große Welten' im Rheinland der Vormoderne

,Kleine‘ und ,Große Welten‘ im Rheinland der Vormoderne

Agency und asymmetrische Herrschaftskommunikation in lokaler Perspektive

Ein epochenübergreifend angelegtes Forschungsvorhaben, das am Institut für Geschichtswissenschaft erarbeitet wird und die intensiven Forschungen der vergangenen Jahre an der Universität Bonn zum Thema „Herrschaft“ um eine rheinische Perspektive erweitern soll. Es handelt sich um ein Gemeinschaftprojekt zwischen der Abteilung für Historische Grundwissenschaften und Archivkunde und der Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte.

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© FNZRLG/Uni Bonn

Warum 'kleine/große' Welten?

Die Idee hinter diesem derzeit von der Transdisciplinary Research Area 5 „Present Pasts“ geförderten Projekt ist es, an rheinischen Case Studies aus Mittelalter und Früher Neuzeit zu untersuchen, wie die Kommunikation zwischen untergeordneten und übergeordneten Herrschaftsebenen gestaltet wurde. Dabei geht es sowohl um die Inhalte als auch um Medien und Arten des Kommunizierens. Statt überwiegend nach Top-down-Prozessen zu fragen, sollen insbesondere Formen, Ziele und Wirkungsweisen von Bottom-up-Prozessen in den Mittelpunkt der Untersuchungen gestellt werden, also die Einflussmöglichkeiten der ‚Kleinen‘ auf die ‚Großen‘ Welten betrachtet werden.

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© Histhren

Kooperationspartner für Projektveröffentlichungen ist das Wissenschaftsblog "Histrhen. Rheinische Geschichte wissenschaftlich bloggen".

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© Bialek/Uni Bonn

Veranstaltungen

Reading Group

Die Projektbeteiligten treffen sich regelmäßig zu einer thematischen Reading Group.

 

TRA5-Workshop "Kleine & Große Welten im Rheinland der Vormoderne"

Workshop ",Kleine‘ und ,Große‘ Welten im Rheinland der Vormoderne. Agency und asymmetrische Herrschaftskommunikation in lokaler Perspektive" am 26. Januar 2024. Teilnahme nur auf Einladung möglich.


Einzelprojekte

Interaktionsräume von Frauenkonventen im nördlichen Rheinland des 13. Jahrhunderts mit und gegenüber ihren „Großen Welten“

Florian Beste M.A.

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Lage der Reichsabtei Burtscheid © gemeinfrei

Zentrales Anliegen des Dissertationsvorhabens ist es, die Interaktionsräume „Kleiner Welten“ – in dieser Arbeit sind dies Frauenkonvente im nördlichen Rheinland des 13. Jahrhunderts – zu untersuchen und so deren Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer Interessen zu identifizieren. Diese werden besonders anhand von Konflikten, in welche die Konvente direkt oder indirekt involviert waren, greifbar. Die Arbeit wird sich hierbei auf vier Konfliktfelder konzentrieren. Dabei ermöglicht der Vergleich von Reaktionen verschiedener Konvente auf ähnliche Herausforderungen, die unterschiedlichen Handlungsspielräume im Rahmen dieser Konfliktfelder zu definieren und Parallelen sowie Unterschiede im Umgang mit und gegenüber ihren „Großen Welten“ aufzeigen.

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© Florian Beste

Krieg und Frieden im Spiegel der Inschriften am Niederrhein und in Westfalen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit

 Sophia Victoria Clegg M.A.

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© Sophia Victoria Clegg

Das Dissertationsvorhaben widmet sich der Widerspiegelung von Krieg und Frieden in epigraphischen Denkmälern im Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens im Zeitraum von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts. Es soll die Verarbeitung und Nutzung von Kriegserfahrungen mithilfe von Inschriften untersucht werden. Inschriften werden dabei nicht nur als Spiegel gesellschaftlicher, politischer und kultureller Ereignisse sowie der Erfahrungen und Emotionen von Menschen betrachtet, sondern auch als Mittel, diese zu deuten und die Deutung zu kommunizieren. Die Untersuchung beleuchtet und prüft unter Einbeziehung der materiellen und medialen Zusammenhänge auch Konzepte der Öffentlichkeit und der Kommunikationsdimension von Inschriften. Das Dissertationsvorhaben verbindet die nachantike Epigraphik mit der Landesgeschichte sowie der Historischen Friedens- und Konfliktforschung, was in einem solchen Rahmen bislang nicht systematisch erfolgt ist.

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Denkmal zur Worringer Schlacht an der Kölner Stadtmauer, Sachsenring © Wikimedia/Hans Peter Schaefer

Die ,Kleinen Welten‘ des kurkölnischen composite state: Frühneuzeitliche Herrschaftsstrukturen und -praxis vor Ort

Prof. Dr. Michael Rohrschneider

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© Histrhen

Das Vorhaben von Michael Rohrschneider „Die ,Kleinen Welten‘ des kurkölnischen composite state: Frühneuzeitliche Herrschaftsstrukturen und -praxis vor Ort“ widmet sich mit dem Kurfürstentum Köln einer typischen frühneuzeitlichen ,Mehrfachherrschaft‘. Die Charakteristika dieser in der Regel ausgesprochen heterogenen Staatswesen, die sich aus zwei oder mehreren (Teil-)Territorien zusammensetzten und in vielerlei Hinsicht von ,modernen‘ Staaten unterschieden, sind in der neueren Forschung verstärkt in den Blickpunkt geraten, zumeist aber, ohne dabei die lokale, untere Herrschaftsebene substanziell einzubeziehen. Ziel des Vorhabens ist es daher, am kurkölnischen Beispiel spezifische Herrschaftsbedingungen und -probleme eines frühneuzeitlichen composite state aus der Bottom-up-Perspektive heraus zu analysieren und hierbei insbesondere die Erforschung des in neuerer Zeit stark beachteten Spannungsverhältnisses von Zentrum und Peripherie durch eine explizite Verbindung von mikro- und makrogeschichtlichen Betrachtungsweisen um neue Facetten zu erweitern.

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© Volker Lannert/Universität Bonn

Die Kleine Welt der kurkölnischen Landstände (1463–1600)

David Schulte M.A.

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© David Schulte

Das Projekt nimmt die frühneuzeitliche Herrschaft im Kurfürstentum Köln, genauer das Zusammenspiel zwischen dem Kurfürsten und den Landständen aller drei Teile des vormodernen ‚composite state‘ in den Blick. Dabei soll die Entstehung einer landständischen Verfassung im Wechselspiel von normativen Ansprüchen und deren praktischer Umsetzung untersucht werden. Untersuchungsleitend sind dabei einerseits die verschiedenen Fassungen der als leges fundamentales bezeichneten kurkölnischen Erblandesvereinigungen von 1463, 1550 und 1590 sowie andererseits die Herrschafts- und Aushandlungspraxis auf den Landtagen des Kurfürstentums. Ziel ist es durch die diachrone Untersuchung ein genaueres Bild der landständischen Herrschaftspartizipation sowie deren Veränderungen in der ‚Kleinen Welt‘ Kurköln im 16. Jahrhundert zu erlangen.

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Westphalia Ducatus (Theatrum Orbis Terrarum, 1645) © gemeinfrei

Die Vilicher Äbtissinnen und die Kölner Erzbischöfe

Prof. Dr. Andrea Stieldorf

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Reliquienbüste Engelberts von Köln © Wikimedia

Andrea Stieldorf untersucht „Die Vilicher Äbtissinnen und die Kölner Erzbischöfe“, deren Beziehungen im Hoch- und im Spätmittelalter zwischen Kooperation und Konflikt schwankten. Die Maßnahmen, die die Äbtissinnen ergriffen, reichten von der Nutzung des Siegelbildes, der Erstellung einer Adelheidisvita bis hin zu Urkunden und Schreiben, in denen sie ihre Bitten vortrugen. Diese richteten sich aber keineswegs nur an den jeweiligen Erzbischof, sondern auch an die Herrscher und gelegentlich den Papst. Der Äbtissin und dem Konvent stand also durchaus ein gewisses Spektrum an Möglichkeiten zur Verfügung, die es sowohl inhaltlich wie auch medial noch genauer zu untersuchen gilt.

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© Andrea Stieldorf

Trierer Urkunden im Hochmittelalter

Naemi Winter M.A.

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© Naemi Winter

Ziel des Dissertationsvorhabens ist eine grundwissenschaftliche Aufarbeitung der Trierer Urkunden des Hochmittelalters. In Anlehnung an das Forschungsprojekt „Rheinisches Urkundenbuch digital – LVR ‚Digitalisierungsplattform‘“, im Zuge dessen die hier behandelten Urkunden ediert werden, liegt der Schwerpunkt auf den Urkunden aus der Zeit bis 1100. Aufgrund einzelner Fälschungen erstreckt sich der Forschungszeitraum jedoch bis in das späte 13. Jahrhundert. Die Arbeit ist von ihrer Anlage her zweigeteilt. Der erste Teil widmet sich der diplomatischen Analyse der Urkunden einiger Trierer Konvente, wobei v.a. die ‚Echtheit‘ sowie der Entstehungskontext der einzelnen Urkunden im Vordergrund stehen. Aufbauend auf den Ergebnissen aus dem ersten Teil folgen übergreifende Untersuchungen zu der Trierer ‚Urkundenlandschaft‘ des Hochmittelalters. Von Interesse ist hierbei etwa die Frage, ab wann von einer wie auch immer gearteten Trierer ‚Kanzlei‘ gesprochen werden kann. Ebenfalls untersucht werden die Beglaubigungsstrategien, die verwendet wurden, um den Urkunden Rechtskraft zu verleihen und die langfristige Einhaltung ihrer inhaltlichen Bestimmungen zu gewährleisten.

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Erzbischof Poppo schenkt dem von ihm erbauten und eingeweihten Simeonstift außer den bereits für die Präbenden gegebenen Renten noch den Schiffs- und Marktzoll zu Koblenz 1042 Stadtarchiv Trier, Urkunden St. Simeon Trier, Signatur F10 © Anja Runkel/Stadtarchiv Trier
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